Ehevertrag Ja oder Nein

von | 25. Apr. 2023

Vor über zehn Jahren bekam ich einen Antrag. Wir waren mehre Jahre zusammen, hatten zusammen ein Haus umgebaut, da war dieser Schritt nur logisch. Ich war Anfang 20 und kannte es nicht anders. So macht es schließlich jeder. Was nicht jeder macht, mir aber unglaublich wichtig war, war ein Ehevertrag. Nicht, weil ich dachte, wir werden uns jemals scheiden lassen. Nein, ich wollte alles für die Zukunft klar geregelt haben. Niemand sollte benachteiligt oder bevorteilt werden.

Wir haben einen Ehevertrag vor der Ehe geschlossen, hier sind meine Erfahrungen.

Der Ehevertrag

Zweck eines Ehevertrages

Ein Ehevertrag ist im Grunde wie eine Art Versicherung für die Ehe. Er dient dazu, die rechtlichen und finanziellen Aspekte einer Ehe im Voraus zu klären und so mögliche Konflikte und Streitigkeiten zu vermeiden, falls die Ehe später in die Brüche geht. Mit diesem Vertrag können Paare zum Beispiel festlegen, wie ihr Vermögen im Falle einer Trennung aufgeteilt wird oder ob und wie viel Unterhalt gezahlt wird. Im Ehevertrag können auch Erbrechtliche Themen und der Versorgungsausgleich geregelt werden. Kurz gesagt, ein Ehevertrag bietet Paaren eine Art „Sicherheitsnetz“ und gibt ihnen ein gewisses Maß an Kontrolle und Sicherheit in ihrer Ehe.

Inhalt eines Ehevertrages

Ein Ehevertrag kann verschiedene Dinge regeln und ist daher sehr vielseitig.

  • Eine der wichtigsten Dinge, die in einem Ehevertrag geregelt werden können, ist der Güterstand. Das bedeutet, dass festgelegt wird, wie das gemeinsame Vermögen im Falle einer Trennung oder Scheidung aufgeteilt wird. So können Paare zum Beispiel vereinbaren, dass jeder Partner sein eigenes Vermögen behält oder dass das gemeinsame Vermögen hälftig aufgeteilt wird.
  • Ein weiterer wichtiger Aspekt, der im Ehevertrag geregelt werden kann, ist der Unterhalt. Paare können hier vereinbaren, ob und wie viel Unterhalt im Falle einer Trennung oder Scheidung gezahlt wird. Dies kann besonders wichtig sein, wenn einer der Partner weniger verdient oder nicht berufstätig ist.
  • Auch das Erbrecht kann im Ehevertrag geregelt werden. Paare können hier vereinbaren, wer im Falle des Todes eines Partners das gemeinsame Vermögen erbt und wie hoch der Erbanteil des jeweiligen Partners ist.
  • Ein weiterer wichtiger Aspekt, welcher in diesem Vertrag geregelt werden kann, ist der Versorgungsausgleich. Hierbei geht es um die Aufteilung der Rentenansprüche im Falle einer Scheidung.

Insgesamt ist ein Ehevertrag sehr vielseitig und kann je nach individueller Situation angepasst werden. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass ein Ehevertrag nicht gegen das Gesetz verstoßen darf und im Zweifelsfall von einem Gericht überprüft werden kann. Aus diesem Grund empfiehlt es sich daher, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, um einen Ehevertrag aufzusetzen, der den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Vor- und Nachteile eines Ehevertrages

Vorteile:

  • Der Vertrag bietet Paaren die Möglichkeit, im Voraus zu klären, wie die finanzielle und rechtliche Situation im Falle einer Trennung oder Scheidung aussehen soll. Dies kann mögliche Konflikte und Streitigkeiten vermeiden und somit Zeit und Nerven sparen.
  • Paare können individuelle Regelungen treffen, die auf ihre persönliche Situation abgestimmt sind. So können sie zum Beispiel festlegen, dass bestimmte Vermögenswerte oder Unternehmen im Falle einer Trennung bei einem Partner verbleiben.
  • Ein Ehevertrag bietet ein gewisses Maß an Sicherheit und Kontrolle, da die Paare selbst entscheiden können, wie sie ihre finanzielle und rechtliche Situation regeln wollen.

Nachteile:

  • Es kann eine gewisse Einschränkung der Flexibilität bedeuten, da die Regelungen im Voraus festgelegt werden. Sollte sich die Situation der Partner im Laufe der Ehe ändern, müsste der Ehevertrag gegebenenfalls angepasst werden.
  • Wenn ein Ehevertrag nicht sorgfältig und im Einklang mit dem Gesetz erstellt wurde, kann es passieren, dass er im Falle einer Scheidung ungültig ist. Paare sollten daher unbedingt einen erfahrenen Anwalt hinzuziehen, um den Ehevertrag aufzusetzen.
  • Ein Ehevertrag kann auch für einen Partner ungünstig ausfallen, wenn er zum Beispiel auf bestimmte Ansprüche verzichten muss. Es ist daher wichtig, dass beide Partner den Vertrag sorgfältig prüfen und gegebenenfalls Änderungen vornehmen, bevor sie ihn unterschreiben.

Meine Erfahrungen

Als Bankerin war mir klar, ich möchte vor einer Ehe alles regeln, was zu regeln gibt. Das Eingehen einer Ehe ist emotional wie rechtlich eine Hausnummer für sich. Egal was passieren sollte, ich wollte abgesichert sein und ich wollte, dass mein Verlobter es auch war.

Zum Glück sah er dies genauso. Es war für uns tatsächlich sehr einfach darüber zu sprechen, da wir uns einig waren. Egal was passiert, alles sollte fair ablaufen.

Zum damaligen Zeitpunkt verdiente ich deutlich weniger Geld als er, das Haus, welches wir zusammen umgebaut haben, gehörte ihm und er war Teilhaber einer Firma. Bei einer Scheidung ohne Ehevertrag hätte ich, von allem die Hälfte bekommen (ganz grob gesagt). Er hätte aber die Firma an die Wand fahren können und ich hätte ihm Unterhalt bezahlen müssen. Wir wissen alle, bei einer Trennung bzw. Scheidung können Menschen sehr seltsam werden. Dies wollten wir um gehen. Der Ehevertrag war für uns die Lösung.

Nach ein paar Recherchen hatten wir unsere Rechtsanwältin in Stuttgart gefunden. Kein Weg war uns für diesen Vertrag zu weit, wir wollten es richtig machen. Sie war genial, hat uns alles genau erklärt und uns die Möglichkeit geboten, einen extrem individuellen (modifizierten) Ehevertrag zu schließen. Genau das, was wir wollten. Kein Einheitsbrei oder 0815-Vertrag. Er sollte so individuell sein wie wir.

Der Vertrag war unter Dach und Fach, doch dann begann es. Mein Bekannten- und Freundeskreis konnte einen Ehevertrag vor oder nach der Hochzeit nicht nachvollziehen:

  • Planst Du bzw. Er schon Deine/ Eure Trennung?
  • So viel Vermögen hast Du doch gar nicht, dass sich ein Ehevertrag rentiert
  • Ein Ehevertrag kostet doch viel Geld und bringt nichts.
  • Ein Ehevertrag ist total unromantisch
  • Du bist doch glücklich, warum dann ein Ehevertrag?
  • Mit diesem Ehevertrag stellst Du Dich schlechter hin, er profitiert mehr davon,

Es war für mich damals ehrlich gesagt sehr hart. Ich war sehr von diesem Ehevertrag überzeugt, doch mein Umfeld nicht. Langsam schlich sich in mir der Gedanke ein, ob es richtig war, diesen zu unterzeichnen. Ich vertrat weiterhin meine positive Meinung des Ehevertrages, was wirklich nicht leicht war.

Als dann die Trennung bzw. Scheidung vor der Tür stand, war ich extrem dankbar über diesen Ehevertrag. Ich musste mich um eine Sache weniger Gedanken machen, schließlich war alles klar geregelt. Geld, Unterhalt, Ausgleich … alles war klar und ich konnte mich ganz auf den Auszug bzw. das Starten eines neuen Lebensabschnittes konzentrieren.

Dank dieses Ehevertrages konnte ich einen ordentlichen Abschluss mit meinem Exmann finden. Wer weiß was passiert wäre, hätte es ihn nicht gegeben.

Mein Fazit zum Ehevertrag: Alles im Voraus regeln ist der Schlüssel

Planungen für die Hochzeit sind wichtig, auch die Planung für das Hochzeits-Budget. Aus meiner Sicht ist es allerdings mindestens genauso wichtig, nicht ohne einen individuellen Ehevertrag zu heiraten. Du kannst alles im Voraus regeln, was es zu regeln gibt, damit kein Rosenkrieg ausbricht. Scheiß auf die Meinung der Anderen. Es ist Dein Leben.

Meine Podcastfolge zum Ehevertrag

Hier findest Du meine Podcastfolge zum Thema Ehevertrag

4 Kommentare

  1. Eva

    Ein wichtiger und guter Artikel, liebe Julia. Ich bin heute 56 und habe mit 28 Jahren geheiratet und mich mit 48 scheiden lassen. Unser Ehevertrag hat mir ermöglicht mein Haus zu behalten und mein Ex-Mann hatte das Unternehmen und konnte ohne finanzielle Schwierigkeiten weiterarbeiten. Wir beide können uns heute noch in die Augen schauen und das ist bei 2 Kindern und 3 Enkeln Gold wert. Was ich falsch gemacht habe, war meine großzügige aber dumme Mitarbeit in seinem Unternehmen für den Aushilfslohn. Wir dachten damals, unser Unternehmen könne sich das nicht leisten, mir einen echten Lohn zu zahlen. Allerdings habe ich Glück, dass ich Dank anderer glücklicher Umstände nicht von meiner Rente leben muss, wenn es so weit ist.

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    • Julia

      Hallo Eva,
      danke fürs Teilen. So wichtig zu sehen, was ein Ehevertrag alles für einen selbst regeln kann. Vor allem, dass ihr euch immer noch in die Augen sehen könnt. Oft ist es leider so, dass nach einer Scheidung sich die Menschen nicht mehr anschauen können.

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  2. Gabi Kremeskötter

    Hallo Julia,
    ein sehr wichtiger Artikel! Hätte ich ihn vor 32 Jahren schon lesen können, ich wäre nicht blind und vertrauensvoll in meine Ehe gerutscht. „Dann heiraten wir eben“, war der Antrag meines damaligen Verlobten. Die Ehe hielt nicht und ich Vertrauens-Eselin stand nach siebzehn Jahren mit meinen 2 Kindern mehr oder weniger vor dem Nichts. Weil ich mich nicht mit nichts abspeisen lassen wollte, wurde ich die Böse und das über sehr viele lange Jahre hinaus.
    Heute habe ich mich daraus befreit, doch der Weg war lang und überaus entbehrungsreich.
    Dein Artikel macht MUT und vor allem zeigt er die WICHTIGKEIT eines vertraglich geregelten Starts in den neuen Lebensabschnitt.
    Schließlich würden wir ja auch keinen neuen Job antreten ohne VERTRAG, oder?
    Liebe Grüße
    Gabi

    PS: Ich bin u.a. freie Traurednerin und von daher fühle ich mich allen Themen rund um die Ehe sehr verbunden:-)

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    • Julia

      Liebe Gabi,
      danke fürs Teilen Deiner Geschichte. Dein Vergleich mit Job und Ehe ist genial und passt so gut.

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