Shibari ist ein Zusammenspiel aus Verbindung, Technik und Hingabe. Doch wenn es um Sicherheit geht, tauchen oft Begriffe wie SSC (Safe, Sane, Consensual) und RACK (Risk-Aware Consensual Kink) auf. Besonders Beginnende stoßen schnell auf die Frage: Ist Shibari sicher? Und wo lässt es sich zwischen diesen beiden Konzepten einordnen?
Viele Menschen assoziieren mit Shibari zunächst eine ästhetische und intime Erfahrung, ohne sich bewusst zu machen, dass es – wie jede intensive körperliche Aktivität – Risiken birgt. Genau hier kommt der Unterschied zwischen SSC und RACK ins Spiel.
SSC: Safe, Sane, Consensual – Ist Shibari wirklich „sicher“?
SSC bedeutet auf Deutsch: Sicher, vernünftig, einvernehmlich.
- Sicher: Alle Praktiken sollen so risikoarm wie möglich sein.
- Vernünftig: Die Beteiligten handeln bei klarem Verstand und mit realistischem Risikobewusstsein.
- Einvernehmlich: Alle Handlungen basieren auf gegenseitigem, informiertem Konsens.
Auf den ersten Blick klingt das gut – schließlich sollte jede Interaktion im Shibari sicher, durchdacht und einvernehmlich sein. Doch die Realität sieht anders aus:
Warum Shibari nicht in das SSC-Konzept passt
- Shibari ist niemals 100 % sicher – Seile beeinflussen den Körper auf eine Weise, die immer mit einem gewissen Risiko verbunden ist. Es kann zu Nervenkompressionen, Durchblutungsstörungen oder unerwarteten Reaktionen kommen.
- Naturmaterialien sind unberechenbar – Die meisten Shibari-Seile bestehen aus Jute oder Hanf. Anders als synthetische Materialien sind sie nicht immer gleich belastbar. Sie können reißen oder sich durch Feuchtigkeit, Reibung und Nutzung in ihrer Form und Stabilität verändern.
- Jeder Körper reagiert anders – Auch mit bestem Wissen und höchster Vorsicht können individuelle körperliche Reaktionen auftreten, die nicht vorhersehbar sind.
- Perfekte Kontrolle gibt es nicht – Selbst erfahrene Rigger können nicht alle Eventualitäten ausschließen.
Shibari erfordert also bewusstes Risikomanagement, statt der Illusion absoluter Sicherheit – und genau das macht es zu einem RACK-Prinzip.
RACK: Risk-Aware Consensual Kink – Bewusst Risiken eingehen
RACK bedeutet auf Deutsch: Risikobewusster, einvernehmlicher Kink.
- Risikobewusst: Alle Beteiligten wissen, dass es keine absolute Sicherheit gibt und informieren sich über mögliche Gefahren.
- Einvernehmlich: Beide Seiten stimmen aktiv und mit vollem Bewusstsein zu.
- Kink: Betont die Freiheit, neue körperliche und emotionale Erfahrungen zu machen.
Shibari fällt ganz klar unter RACK, weil es auf informierter Selbstbestimmung und bewusstem Risikomanagement basiert. Niemand wird in eine Session gehen können und sagen: „Hier kann mir nichts passieren“. Aber man kann sagen: „Ich verstehe das Risiko und entscheide mich bewusst dafür.“
Warum Shibari als RACK betrachtet werden sollte
- Risiken gehören dazu – und Bewusstsein macht den Unterschied – Wer sich mit Shibari beschäftigt, lernt, Risiken zu minimieren, aber nicht auszuschließen.
- Die Verantwortung ist geteilt – Nicht nur Rigger, sondern auch das Ropemodel trägt Verantwortung. Ein bewusstes Model kennt den eigenen Körper, kommuniziert und achtet auf eigene Grenzen.
- Mentale Prozesse spielen eine Rolle – Shibari ist nicht nur physisch, sondern auch emotional intensiv. Auch psychologische Risiken (z. B. Dissoziation oder unerwartete emotionale Reaktionen) gehören zum bewussten Risikomanagement.
Wie Du Risiken bewusst minimieren kannst
RACK bedeutet nicht, Risiken zu ignorieren – sondern sie bewusst einzugehen. Besonders für Beginnende und Neugierige ist es wichtig, folgende Punkte zu beachten:
1. Wissen aneignen
- Lerne die Grundlagen von Seilführung, Anatomie und Sicherheit.
- Informiere Dich über Risiken wie Nervenkompression und Blutzirkulation.
- Besuche Workshops oder lerne direkt von erfahrenen Personen.
2. Kommunikation ist essenziell
- Sprecht vor jeder Session über Grenzen, Erwartungen und mögliche Ängste.
- Model: Lerne, Deine Körpersignale zu deuten und zu kommunizieren.
- Rigger: Achte auf nonverbale Zeichen, halte immer Blickkontakt und höre auf Deine Intuition.
3. Setze auf eine gute Vorbereitung
- Wähle hochwertiges Seil und überprüfe es regelmäßig.
- Habe immer eine sichere Schere griffbereit.
- Nutze geeignete Knoten, die leicht lösbar sind.
4. Höre auf den eigenen Körper
- Ignoriere keine Taubheitsgefühle oder Schmerzen – sie sind Warnsignale.
- Breche eine Session ab, wenn sich etwas für Dich komisch anfühlt.
- Bleibe achtsam und reflektiere Deine Erfahrungen nach jeder Session.
Fazit: Bewusst und klar
Shibari ist keine „sichere“ Praktik im Sinne von SSC – es erfordert Risikobewusstsein und aktive Verantwortung. Das bedeutet nicht, dass es gefährlich sein muss, sondern dass es ein bewusster Umgang mit Risiken ist.
Shibari bedeutet nicht, blind Vertrauen zu schenken, sondern informiert Verantwortung zu übernehmen. Es ist kein starrer Rahmen, sondern eine bewusste und lebendige Entscheidung: Bin ich bereit, diese Erfahrung mit vollem Bewusstsein und Respekt für die Risiken einzugehen? Bin ich bereit und dazu fähig, diese Erfahrung auch abzubrechen, wenn ich mich nicht gut fühle?
Wenn Du Dich mit Shibari beschäftigst, ist es kein Zeichen von Angst, Risiken zu hinterfragen – sondern ein Zeichen von Respekt für Dich selbst und Dein Gegenüber. Und genau darum geht es bei RACK: Bewusst, achtsam und mit vollem Einverständnis die eigene Erfahrung gestalten.
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