Sylvia Tornau lädt zu Ihrer Blogparade unter dem Thema „Zeitreise zu meinem jüngeren Ich“ ein. Ich habe die Einladung angenommen und bin in das Jahr 2012 zurückgereist. Zum damaligen Zeitpunkt war ich 23 Jahre und stand vor der wohl schwierigsten Entscheidung meines Lebens.
Ich seh dich vor mir, junge Julia, gerade frisch standesamtlich verheiratet, die kirchliche Hochzeit am Planen. Du hast alles erreicht, was du immer haben wolltest: Job, Haus, Mann, Baum. Es könnte so schön sein. Doch du haderst mit dir, weil etwas nicht stimmt. Irgendwas fühlt sich nicht richtig an. Irgendwas ist falsch.
Du ignorierst die Warnsignale und machst weiter mit „dem Plan“. Es ist schließlich dein Leben. Du hast so viel dafür geopfert, um da zu sein, wo du jetzt bist. Mutige Julia, diese Zeit hat dir gezeigt, wozu du fähig bist, wenn du zu jemanden oder etwas „Ja“ sagst. Es ist unvorstellbar, wie sehr du deine Bedürfnisse für „den Plan“ verdrängt hast. Du wusstest es einfach nicht besser. Du hast nach dem besten Wissen und Gewissen gehandelt.
Doch ich weiß, dass deine Bedürfnisse an einem Punkt in deinem Leben nicht mehr zu verdrängen waren. Zu oft wurden sie versteckt, zerdrückt oder ignoriert. Du hattest Angst vor dieser Wahrheit und hast deswegen begonnen zu verheimlichen, zu lügen und zu verstecken. Auch hier hast du wieder nach besten Wissen und Gewissen gehandelt. Du hattest einfach keine Kapazitäten, um dich der vollen Wahrheit zu stellen. Du bist den oberflächlichen leichteren Weg gegangen und Julia, das war in Ordnung.
Julia, du hast so verdammt lange ausgehalten, hattest Geduld und hast dich all dem hingegeben, bis es einfach nicht mehr ging und du gingst. Einer der schwersten Schritte, welche du in deinem Leben gegangen bist. Mit diesem Schritt hast du dein Leben hinter dir gelassen. „Den Plan“ aufgegeben, bist ins Dunkle gesprungen und hast einfach gehofft, du wirst aufgefangen.
Julia, du wurdest von Menschen in dieser Dunkelheit aufgefangen, von denen du es am wenigsten erwartet hattest und wurdest von Menschen emotional fallen gelassen, von denen du es nicht erwartet hattest. In dieser Zeit wurde viel ent-täuscht. Dir wurde klar, was es heißt, von „dem Plan“ abzuweichen und welche Konsequenzen es mit sich trägt. Alle gesellschaftlichen Erwartungen und Enttäuschungen musstest du ertragen und das mit jungen 23 Jahren.
Weil du ein guter Mensch bist, hast du „dem Plan“ eine zweite Chance gegeben. Du hast es ehrlich versucht. Doch tief drin im Inneren wusstest du, du machst es für die Anderen und nicht für dich. Somit war abzusehen, dass auch die zweite Chance scheitern würde.
Mit all deinem Mut, Kraft und den Enttäuschungen im Gepäck hast du Haus, Mann, Baum verlassen, hast dich getrennt bzw. ein Jahr später hast du es sogar bis zur Scheidung geschafft.
Bis du an diesem Punkt in deinem Leben kamst, bedingungslos und kompromisslos deinem Herz und deinen Bedürfnissen folgen, dein Leben so zu leben wie du es möchtest, ohne auf die Meinung anderer zu hören, war es ein harter Weg. Du bist ihn gegangen, Julia, du hast dich durchgekämpft.
Dein Kampfgeist, dein Mut, deine Kraft für dich hat mich an diesen Punkt gebracht, an dem ich heute stehe. Du hast alles richtig gemacht. Dank dir weiß ich, was es heißt, das eigene Leben zu leben und zu lieben. Dass es völlig egal ist, was die Gesellschaft von einer Frau erwartet. Ich kann auch ohne Gesellschaft überleben und leben. Dank dir, weiß ich, wozu ich fähig bin.
Es gibt kein Bereuen, keine Fehler und kein Ratschlag von mir.
Es gibt aus der Tiefe meines Herzes ein DANKE und immer wieder ein JA zu dir.
Wow, Julia, das ist so berührend.
Ich danke dir für deine Reise!
Liebe Julia, das ist so berührend. Gänsehaut und ganz viel Hochachtung für diese 23-jährige Julia. Wie sie ihrem Herzen gefolgt ist, trotz aller Ängste und Zweifel. Da fällt mir das Zitat von Hilde Domin ein „Ich setzte den Fuß in die Luft und sie trug.“
Ich empfinde es als schön, dass du mit diesem Text einfach Danke sagst, an deine Wegbereiterin.
Danke, dass du dich an meiner Blogparade beteiligt und eine Zeitreise gemacht hast. Liebe Grüße Sylvia.