Der Mai war intensiv. Nicht laut, nicht überbordend. Sondern tief. Ein Monat, in dem sich vieles auf leise, aber nachhaltige Weise bewegt hat. Ich habe Räume geöffnet – für andere und für mich. Ich war Gastgeberin, Teilnehmerin, Beobachterin meines eigenen Inneren. Und durfte erleben, wie sich Nähe anfühlt: im Seil, in Berührung, in mir selbst.
Workshop & BoundCon – Seilmagie trifft Reizüberflutung
Am 24. Mai war es endlich so weit: Mein erster Workshop für 2025 – Touch of Rope – fand statt. Wie jedes Jahr bewusst gelegt auf das BoundCon-Wochenende, weil zu dieser Zeit einfach viele Menschen aus dem deutschsprachigen Raum nach München reisen. Für mich ist das die perfekte Kombi: Erst ein achtsamer Einstieg ins Fesseln und dann – für alle, die möchten – das volle Kink-Karneval-Erlebnis auf der Messe.
Der Workshop war so bunt wie berührend. Es kamen Heteropaare, gleichgeschlechtliche Paare, Freundschaftspaare. Riggerinnen. Rigger. Menschen, die neugierig waren. Und Menschen, die schon länger mit dem Seil geflirtet haben, aber den Mut noch nicht gefunden hatten.
Was Touch of Rope ausmacht, ist nicht die Technik. Nicht die Muster. Sondern das Gefühl. Es ist ein Raum, in dem sich Menschen ganz sanft und traumasensibel dem Seil nähern dürfen – ohne Erwartungsdruck, ohne Dominanzgehabe, ohne „mehr wollen müssen“.
Es geht ums Spüren. Ums Verstehen. Darum, was es bedeutet, ein Seil in der Hand zu halten – oder an sich wirken zu lassen. Und darum, dass Fesseln auch verletzen kann. Nicht nur körperlich, sondern emotional.
Ich spreche im Workshop offen darüber. Weil ich selbst erlebt habe, wie tief Seilverbindungen gehen können – und wie brutal es sein kann, wenn diese Verbindung plötzlich abreißt. Stichwort Ghosting. Diese Gespräche gehören für mich genauso dazu wie das Üben der ersten Knoten. Denn Sicherheit beginnt nicht beim Körperstillen. Sie beginnt viel früher: beim Nervensystem. Beim Wissen. Beim Raumhalten.
Am Tag danach ging es mit einigen Workshopteilnehmenden weiter zur BoundCon-Messe. Wir haben uns vor der Messe getroffen, uns gemeinsam eingestimmt: Was erwarte ich mir? Was will ich sehen, vielleicht sogar kaufen? Und auch: Was kann mich überfordern?
Denn die Boundcon ist vieles – aber nicht leise. Sie ist der Ort, an dem Fantasien real werden. Und genau das kann ganz schön viel mit einem machen. Deshalb habe ich im Vorfeld auch betont: Es ist okay, rauszugehen. Zu atmen. Zu reden. Und erst dann wieder einzutauchen.
Melting Bodies – nackt, echt, verbunden
Im Mai habe ich bei einem ganz besonderen Projekt mitgemacht: Melting Bodies – initiiert von Sylvie Cares. Ein Nacktfotoshooting? Ja. Und doch war es so viel mehr. Es ging nicht darum, schön zu sein. Nicht darum, sich besonders sexy oder künstlerisch in Szene zu setzen.
Es ging darum, Ja zu sagen – zu mir selbst, zu meinen Grenzen, zu meinem Körper, und das nicht im stillen Kämmerlein, sondern in einer Gruppe von Frauen. Als ich mich anmeldete, war nicht klar, wer teilnehmen würde – alle Geschlechter waren willkommen.
Ich war aufgeregt. Warum genau, wusste ich selbst nicht. Wegen der potenziellen Männer? Wegen der Frauen? Vielleicht wegen beidem. Am Ende war es ein reines Frauenshooting.
Die Kamera war von Anfang an dabei – aber nicht sofort aktiv. Sie wurde wie eine weitere Teilnehmerin behandelt: präsent, aber nicht dominant.
So konnte sich unser Nervensystem langsam auf sie einstellen. Nach einer Weile war sie einfach da – ohne dass sie uns gestört hätte.
Bevor es überhaupt losging, saßen wir im Kreis. Geführt von Sylvie, die mit ihrer Präsenz und Klarheit einen Raum geschaffen hat, der so selten ist: achtsam, klar, weich und stark zugleich. Wir haben gesprochen – über unsere Bedenken, unsere Grenzen, unsere Ängste. Nicht nur bezogen auf das Nacktsein. Auch im Miteinander unter Frauen.
Dann wurde der Raum geöffnet. Niemand musste sich ausziehen. Und trotzdem kam er: der Moment, in dem alle nackt waren. Und ich gemerkt habe, wie herausfordernd es für mich war, bei mir zu bleiben – mich nicht in die Gruppendynamik hineinsaugen zu lassen.
Ich bin Sauna und FKK gewohnt – aber dies war anders. Die Nacktheit war nicht beiläufig. Sie war das Zentrum. Und auf einmal war alles da: die Unsicherheit, das Vergleichen, das Erstaunen, die Ehrlichkeit.
Als Sylvie uns einlud, uns wirklich anzuschauen – wie wir rasiert sind, wie groß unsere Brüste sind, wie weich, wie faltig, wie einzigartig – hat sich etwas entspannt in mir. Weil ich schauen durfte. Weil ich gesehen wurde. Und dann begann das Shooting.
Körper verschmolzen. Haut an Haut. Eine Nähe, die ich in dieser Form selten erlebt habe. Und gleichzeitig: ein starker innerer Kompass. Denn mitten im Shooting habe ich gespürt: Ich bin müde. Nicht emotional, sondern ganz körperlich erschöpft. Und zum ersten Mal in so einer Gruppensituation habe ich das nicht übergangen. Ich bin ausgestiegen. Habe meine Grenze benannt. Und bin bei mir geblieben.
Das war vielleicht die wichtigste Erkenntnis: Ich erkenne meine Grenze. Ich ehre sie. Und ich verlasse den Raum, wenn es für mich stimmig ist – ganz unabhängig davon, was die anderen tun. Darum habe ich das Shooting gemacht.
Nicht für schöne Bilder. Sondern für mich. Um herauszufinden, wo ich stehe. Wie sehr ich mich zeigen kann. Wie sehr ich mich halten kann.
Der letzte Berlin-Prozess – Bindung beginnt bei mir
Im Mai war ich für meinen dritten und letzten begleiteten Prozess in Berlin. Diesmal ging es um ein Thema, das mich schon lange begleitet – und gleichzeitig vollkommen auf den Kopf gestellt wurde: Bindung.
Ich ging mit dem Gedanken hin, etwas über meine Beziehungsmuster zu lernen. Darüber, wie ich in Kontakt gehe. Wie ich Bindung (er)lebe. Ich wusste, dass da einiges an Trauma in meinem Leben war – wie bei vielen von uns.
Was dann kam, hat mich komplett irritiert. Denn dieser Prozess hatte nichts mit „den anderen“ zu tun. Sondern nur mit mir.
Im Gespräch mit den Raumhaltern und Therapeuten wurde klar: Bindung beginnt in mir. Bevor ich mich in Beziehung mit anderen bewege, geht es darum, ob ich in Bindung mit mir selbst sein kann. Ob ich mich sicher in mir fühle. Auf dieser Welt. In diesem Körper. In meinem System.
„Was in mir lässt mich unsicher sein – nicht im Außen, sondern hier drin?“
Diese Frage hat mich tief getroffen.
Denn was wir oft als „Bindungsthema“ oder „Beziehungsdynamik“ wahrnehmen, sind manchmal nur Symptome. Nicht die Wurzel.
Die Wurzel ist viel näher dran: Ich.
Und was ich ebenfalls mitgenommen habe: Wenn ich wirklich mit mir in Verbindung bin, bin ich auch bereit, Verantwortung zu übernehmen – freiwillig. Nicht aus einem Mangel heraus. Nicht, weil niemand anderes da war. Nicht, weil ich es musste, um zu funktionieren. Sondern, weil ich es will. Weil ich es kann. Weil ich mich in mir sicher genug fühle, um zu sagen: Ja, ich bin für mich da.
Diese Form von freiwilliger Verantwortung ist kein „Ich mach das halt“. Es ist eine Entscheidung. Und sie fühlt sich anders an. Sie fühlt sich wahr an.
Was mich auch beschäftigt hat:
Die Frage nach Integration. Ich beobachte immer wieder, wie Menschen von Prozess zu Prozess, von Event zu Event springen – in der Hoffnung, dass es „irgendwann“ Klick macht. Doch für mich braucht Heilung Raum. Zeit. Langsamkeit.
Ich will nicht von einem Fluss in den nächsten hüpfen. Ich will in einem Thema bleiben, bis es sich bewegen darf – aus sich heraus. Und das war eine der stärksten Erkenntnisse in diesem Prozess:
Heilung ist kein Konsum. Es ist ein Dasein. Ein Aushalten. Ein Integrieren. Und genau das nehme ich mir jetzt: Zeit zum Fließen. Nicht das Nächste. Sondern dieses Eine. Und mich darin ganz spüren.
Was im Mai 2025 sonst noch so los war
- KI verstehen lernen – Custom GPTs mit Anna Luft: Diesen Monat habe ich einen neuen Lernraum betreten: Ich nehme an einer Ausbildung bei Anna Luft teil, bei der sich alles um Custom-GPTs dreht. Ich habe mich bewusst angemeldet, weil ich tiefer verstehen will, wie künstliche Intelligenz funktioniert – nicht nur in der Theorie, sondern auch in der konkreten Anwendung. Wie bedient man ein solches System eigentlich sinnvoll? Was kann es – und was (noch) nicht? Wie kann ich KI für mich nutzen – in meiner Arbeit, in meinem Alltag, für meine Community?
- Viele Infocalls: Der Mai war voll von Gesprächen – ehrliche, neugierige, manchmal auch zögerliche Stimmen am anderen Ende der Leitung. Ich habe wieder gemerkt, wie wichtig diese Calls sind. Für die Menschen, um herauszufinden, ob sie sich mir anvertrauen möchten. Und für mich, um zu spüren: Wer ist da wirklich bereit?
- Mein Nasenpiercing – 20 Jahre später: Ich habe mir ein Nasenpiercing stechen lassen. Klingt vielleicht nach einer Kleinigkeit – war für mich aber ein riesiger Schritt. Seit 20 Jahren begleitet mich dieser Wunsch. Und jetzt war der Moment da. Ich habe verstanden: Manche Wünsche dürfen lange in einem ruhen. Und wenn die Zeit reif ist, dann spürt man das.
Man ist nie zu alt für eine Sehnsucht. Und niemals zu spät für eine Entscheidung, die sich tief stimmig anfühlt
Wenn ein Wunsch lange in einem lebt, wird er Teil der eigenen Identität. Ihn umzusetzen, bedeutet manchmal, vertrautes Terrain zu verlassen. Ich weiß, wie viel Mut das kostet. Und genau dafür ist Coming Home da: Um dich zu begleiten.
Bist Du bereit, Deinem Wunsch in Dir Raum zu geben?
Das habe ich im Mai 2025 gebloggt
- BoundCon & Fesseln: Wie Du Deinen Messebesuch entspannt erlebst
- Wenn Shibari tiefer berührt als Worte es je könnten: M`s Erfahrung in Coming Home
- 5+ Dinge, die einen guten Rigger ausmachen – und warum sie für Dich entscheidend sind
- 10+ negative Glaubenssätze, die ich als Rigger überwunden habe
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Was mich im Juni 2025 erwartet
Der Juni wird wunderbar, das weiß ich jetzt schon, ich werde viele Coming Home Session halten, mit neuen Kunden und mit Stammkunden. Ebenso werde ich meine Workshops „Touch of Rope – Der Fesselworkshop für Neugierige“ wie auch „The Art of Rope – Aufbau einer Fesselsession mit 1 – 2 Seilen“ in Puchheim bei München halten. Ich arbeite an einem Manual für „Touch of Rope“ weiter.
Und, wenn alles super duper läuft, erhalte ich eine Platz für einen Fesselworkshop in Berlin. Dafür musste ich mich zuerst bewerben. Die Bewerbungsfrist läuft noch und … drück mir bitte die Daumen, dass ich einen Platz ergattere
Mehr Erfahrung, Bilder und Einblicke?
Dann ist „(k)not your expectations“ genau das Richtige für Dich!
Hi Julia,
Ein toller Rückblick mit einer interessanten Vorschau. Für den Berliner Workshop drücke ich Dir alle Daumen, die ich habe.
Danke, dass Du uns so eng mit Dir mitnimmt.